Ihre Gastgeber*innen

Hotelführung in 3. Generation – ein Steckbrief

ein Interview mit dem Geschwisterpaar

Ein Interview mit den Geschwistern Saskia und Karim Rühl, Geschäftsführer*innen des Landhotel Waldhaus.

Das dritte Jahr führen die Geschwister Saskia und Karim Rühl 2021 das Familienunternehmen jetzt zusammen; der Entschluss zur Übernahme des elterlichen Betriebs war aber keineswegs vorprogrammiert und fiel während des Studiums der beiden eher schleichend. Karim absolvierte zunächst ein Masterstudium in International Business in Glasgow, Schottland, während Saskia in Berlin einen Master in Wirtschaftswissenschaften machte, bevor sie sich eineinhalb Jahre auf Weltreise begab.

 „Die Frage war, will ich als Angestellter, z.B. in einer Beratertätigkeit, Exceltabellen mit Zahlen füllen oder unternehmerisch handeln. Daraufhin folgte der Entschluss, in den Betrieb meiner Eltern einzusteigen.“ (Karim Rühl)

Ab dem Moment, als ihr Bruder, ein Jahr vor Saskia, die Entscheidung für das Waldhaus getroffen hatte, schwirrte der Gedanke auch ihr immer mehr im Hinterkopf herum.

„Immer wenn ich auf meiner Weltreise etwas Traditionelles oder Kulturelles gesehen habe – so beispielsweise die Kulinarik in den verschiedenen Ländern – dachte ich: Es wäre schön, etwas Eigenes zu kreieren und unsere eigene Kultur modern aufleben zu lassen, damit auch junge Leute neu gedachte und interpretierte Tradition, sei es in Form von Kochkunst oder Design, erleben können. Ich habe im Waldhaus plötzlich einen Ort gesehen, in dem ich mich immer wieder neu erfinden und eigene Ideen an den Gast bringen kann.“ (Saskia Rühl)

Karim Rühl gesteht sich ein: „Ich habe hoch gepokert und drauf gehofft, dass wenn ich den ersten Schritt wage, meine Schwester dann mitzieht. Und es hat funktioniert (lautes Lachen).“

Das Familienunternehmen mit dem Bruder, mit dem sich Saskia blind versteht, zu führen, ist für sie der entscheidende Vorteil. Gerade weil die beiden viel von der Welt gesehen haben (Saskia lebte u.a. in New York, Karim in San Diego, Amerika), wussten sie zu schätzen, was sie zu Hause hatten:

„Die Nähe zu Frankfurt, dem Taunus, den Vogelsberg vor der Haustür, all das bietet viele Möglichkeiten. In der Stadt sammeln wir den Input, den wir ins ländliche Waldhaus, wo wir stets Ruhe und Ausgleich finden, hineinpacken.“ (Saskia Rühl)

Die größte Herausforderung, vor der die beiden nun, 2021, stehen, ist die Digitalisierung. Damit ist nicht vornehmlich das Digitalisieren der internen Prozesse gemeint; das haben die beiden zu Beginn ihrer Übernahme direkt umstrukturiert: Nein, damit ist das Internet gemeint, das in dieser Region so gut wie vergessen wurde. Glasfaser gibt es hier nicht.

„Für uns steht Digitalisierung nicht dafür, dass wir irgendwann wie Roboter die Gäste abfertigen, sondern dass wir gerade durch sie mehr Zeit und direkten Kontakt mit dem Gast haben. Modern, digital, und trotzdem persönlich.“ (Saskia Rühl)

Durch die Größe des Betriebs und die Herausforderung der Übernahme herrscht eine ,Hands-On-Mentalität‘ im Landhotel Waldhaus, die auch das Einspringen in der Spülküche mit einschließt.

„Als Geschäftführer*in ist man wie ein Schweizer Taschenmesser – du musst überall eingesetzt werden können. Natürlich ist das manchmal anstrengend, aber in ein paar Jahren zahlt sich das sicher aus. Wenn man die Prozesse nie selbst einmal durchläuft, kann man sich auch nicht mit allen Einzelheiten vertraut machen. Durch die enge Zusammenarbeit mit unseren eingespielten, langjährigen Mitarbeiter*innen können wir als Team optimal mit den Aufgaben wachsen und sehen durch den unmittelbaren Austausch immer sofort die Verbesserungen.“ (Karim Rühl)

Die Tatsache, dass das Waldhaus relativ gut durch die Corona-Krise gekommen ist, hat den Geschwistern gezeigt, dass gerade sie als 3. Generation mit ihrem Konzept viele Leuten ansprechen, da ihr Geschäftsmodell dynamisch und flexibel ist. Die Zeit während Corona war eine Bewährungsprobe, die die beiden in ihrer Zusammenarbeit gestärkt hat.

„Unsere Mutter hat immer gesagt, wir sind ein Gemischtwarenladen. Das war nicht negativ gemeint, im Gegenteil: Für Jeden sollte immer etwas dabei sein. Gerade mit unserem Restaurant ,mamsell‘ wollen wir diesen Anspruch weiter fortsetzen.“ (Saskia Rühl)

Was die beiden sich für die Zukunft wünschen?

 „Die Gastronomie hat oft einen Ruf weg, und es ist ein großes Ziel von uns zu zeigen, dass man Gastronomie (und Hotellerie) auch anders machen kann: transparent, fair – ein Job, in dem man gerne arbeiten möchte.“ (Saskia Rühl)

Ein Ziel von Karim: Vielleicht irgendwann die zahlreichen Erfahrungen weiterzugeben, die sie als junge Geschäftsführer*innen dabei gesammelt haben, einen Traditionsbetrieb während der größten Wirtschaftskrise der heutigen Zeit auf sich umzumünzen. Eventuell in Form eines Buches oder als Coaching, das weiß er noch nicht so genau.